Die sogenannte Veränderungsformel wurde in den 1960ern von dem Organisationswissenschaftler David Gleicher entwickelt. Sie diente ursprünglich zur Einschätzung von Veränderungsprozessen in Organisationen und ist später von Kathie Dannemiller weiterentwickelt bzw. leicht verändert. Mit Hilfe der Veränderungsformel kann eingeschätzt werden, ob die für eine Veränderung notwendige Energie tatsächlich mobilisiert werden kann. Laut der Formel ist das Zustandekommen einer Veränderung abhängig von vier Faktoren.

Gleicher formulierte dies folgendermaßen C= A x B x D > X.

C = Change      A = level of dissatisfaction with the satus quo    B = clearly identified desired state   D= practical steps towards change           X = cost of change (e.g. energy, financially, emotionally)

Das heißt: Eine Veränderung ist möglich, wenn das Produkt, dass sich aus dem Maß der Unzufriedenheit mit dem Status Quo, dem gewünschten Zustand sowie den praktischen Schritte dorthin, größer ist als die Kosten der Veränderung. Da die Faktoren A, B und D miteinander multipliziert werden, darf keines von ihnen gleich 0 sein, weil sonst das Ergebnis auch gleich 0 ist.

Dannemiller änderte Gleichers Formel etwas ab und stellte folgende Veränderungsformel auf:  Unzufriedenheit x Vision x Fähigkeiten müssen zusammen größer sein als der Widerstand (wie z.B. die Angst oder das Risiko). Das heißt U x V x F > W Veränderung. Im amerikanischen lautet die Formel: D(issatisfaction) x V(ision) x F(irst Steps) > R(esistance).

Diese Formeln haben sich hauptsächlich auf Veränderungen in Unternehmen bezogen. Sie können aber – zumindest teilweise – auch auf individuelle Veränderungen angewendet werden. Das würde dann heißen: Wenn die Unzufriedenheit mit dem momentanen Zustand und die Vision für den Zielzustand, zusammen mit den Möglich- und Fähigkeiten die ersten Schritte zu tun, größer sind als der Widerstand, ist eine Veränderung wahrscheinlich. Wichtig ist auch hier, dass keiner der Faktoren fehlt.

Für ein Coaching bedeutet das: Wenn Veränderungswünsche beim Klienten vorhanden sind, kann an allen 4 Faktoren gearbeitet werden. Heutzutage gibt es viele Techniken bzw. Tools, die vermittelt und angewandt werden, um Menschen eine Veränderung ins Positive zu ermöglichen. Ein Großteil von ihnen basiert auf einer der Faktoren:

So sind zum Beispiel das „Vision-Board“ oder die „Visualisierung“ Techniken, um die Vorstellung vom Zielzustand zu stärken. Man führt sich ein Bild des gewünschten Zielzustandes innerlich oder äußerlich vor Augen, um so die Vision (bildlich und emotional) zu verinnerlichen. Gestärkt wird dadurch also der Faktor V – die Vision.

Auch mit dem Faktor D, also der Unzufriedenheit wird – wenngleich seltener als mit dem positiven Gegenstück der Vision – gearbeitet. Möglichkeiten sind zum Beispiel, sich die Unzufriedenheit vor Augen führen und damit ein klareres Gefühl dafür zu bekommen, was man nicht mehr will. Das kann beispielsweise in einer systemischen Aufstellung stattfinden. Oder etwa auch eine deutlichere Abneigung gegen den ungewollten Zustand zu verspüren.

Der Faktor F – die ersten Schritte – können sich sowohl auf die Einschätzung der inneren Fähigkeiten als auch auf die konkreten Ideen und Möglichkeiten beziehen, die ersten Schritte tun zu können. Das heißt auch eine Stärkung kann hier auf zweierlei Wegen erfolgen: Einerseits, in dem das Zutrauen in die Fähigkeiten, die ersten Schritte tun zu können, aufgebaut wird. Andererseits können konkrete Pläne für die ersten Schritte gemeinsam im Coaching erarbeitet werden.

Soll das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten wachsen, so ist es wichtig, die Ressourcen des Klienten zu stärken und an seinem Selbstbild zu arbeiten. Geht es eher um konkrete Kompetenzen oder Zugangsmöglichkeiten, so können Übungen und Pläne aufgestellt werden, um die nächsten Schritte sicherer zu gehen. Bei beiden Ansätzen wächst das individuelle Vertrauen darin, die ersten Schritte gut tun zu können und damit also der Faktor F.      

 Der Widerstand, also der Faktor R, kann sich auf diverse Aspekte beziehen. Es kann sich um einen Widerstand in Form eines Mangels an finanziellen oder zeitlichen Ressourcen handeln. Es kann aber auch ein Widerstand auf der emotionalen Ebene sein. Letzterer ist geläufiger Gegenstand in der Psychoanalyse, spielt aber auch in anderen Ansätzen z.B. in der Form von verinnerlichten Glaubenssätzen eine Rolle. Will man an der Verringerung des Widerstands – dem Faktor R – arbeiten, wären also auch unterschiedliche Ansätze möglich: So zum Beispiel die Bearbeitung des inneren Konflikts (Psychoanalyse) oder die Veränderung von Glaubenssätzen z.B. durch Affirmationen.